Bergtour Hexenkopf – Furgler (22.-23. Juli 2023)

Samstag, 22.07.2023: 6 Uhr, schönes Morgenwetter. Günther Former sammelt mit dem DAV-Bus der Reihe nach seine Wanderkameraden ein: Martin Zürn, Alexander Dold und zuletzt unseren Tourenführer Hartmut Bielefeldt. Über Bregenz und den Arlberg-Pass (Tunnel war gesperrt) geht es nahe Landeck ins schöne Paznaun-Tal nach See. Wir parken auf der anderen Bachseite und fahren ca. 9 Uhr mit der Seilbahn zur Medrigalm. Von dort wandern wir nach rechts erst durch Wald, dann durch ein zunehmend baumfreies Hochtal durch die Bergli-Alm. Im oberen Bereich bestürmt uns eine sehr neugierige Herde von Eseln. Über drei Geländestufen wandern wir hoch zum Masnerjoch (2686 m) und dann sehr steil hinunter in eine baumlose Wanne mit dem Hexensee, dann, wieder leicht ansteigend, zur Hexenseehütte.

Dort kommen wir ca. 12:30 Uhr an. Nach Einchecken und Trinkpause geht ein kurzer Sprühregen im Tal nieder, dann starten wir mit Leichtgepäck durch das Hochtal = Schutt-Tal nach Westen durch. Am Sattel halten wir uns rechts und steigen in steilen Kehren in den Südhang des Hexenkopfes ein. Im oberen Bereich wenden wir uns ca. nach Osten/ Nordosten und begehen den langgezogenen, wenig ausgesetzten Blockgrat. Nur bei den letzten 20 Höhenmetern unter dem Gipfelkreuz empfiehlt es sich, die Stöcke beseitezulegen und sich ggf. hochzuhieven. Die Möglichkeit zur Fernsicht ist nicht immer gegeben. Klare Fernsicht (z.B. nach Westen in Richtung Silvretta oder nach Südosten in Richtung Ortler) wechselt mit Gewölk. Nach ausgiebiger Gipfelrast steigen wir auf dem gleichen Weg wieder abwärts auf den Sattel. Dort entscheiden wir uns spontan, den von einer Liftstation dominierten Masnerkopf (2828 m) zu besteigen. Das bedeutet einen Aufstieg von ca. 100 Höhenmetern über eine sehr spärlich bewachsene Schutthalde. Oben herrscht phasenweise sehr schöne Fernsicht. Man sieht im Süden den zarten Silberrücken des Piz Sesvenna, ins umwölkte Ortlergebiet und in Nordost das ockerbraune Dach des Furgler (3004 m), den wir morgen besteigen werden.

Die Hütte, nur in der Sommerzeit vom DAV Köln betrieben, ist mäßig besucht. Wer den Aufstieg abgeblasen hat, verpasst unser super leckeres Abendessen mit sämigem Bio-Rindergulasch und Knödeln mit wunderbarem Kräuteraroma. Auch viele Getränke (Bio-Bier, Apfelsaft, Apfel-Karotten-Saft) entsprechen den Grundsätzen der Nachhaltigkeit und Fairness, die uns unser Hüttenwirt Walter Kerscher ausgiebig erläuert. Zum Abschluss eines sehr schönen Tages spendiert er uns noch einen Likör mit Zirbenholz-Aroma. Wir schlafen sehr gut im blitzsauberen, sehr modernen Matratzenlager.

Sonntag, 23.07.2023: Helen, die als Kölner DAV-Mitglied in der Hütte mithilft, zeigt uns morgens 7 Uhr per Fernglas Steinböcke, de sich gemächlich nach Westen entfernen, fast genau auf der Route, über die wir gestern den Hexenkopf bestiegen haben.  Das Wetter wechselt zwischen wunderschön und bewölkt. Für zwei Tage später, kündigt Walter Kerscher an, wird es Minusgrade und Schneefall geben.

Wir starten 8 Uhr nach Osten, steigen ab zum Hexensee und dann wieder hoch zum Arrrez-Joch (auch hier Liftanlagen). Von dort laufen wir am Fuß des Furgler zu einem Karsee, wandern links an ihm vorbei den Südfuß des Furgler entlang und hoch zu einer weiteren Liftstation. Nun geht es am steilen Hang genau wieder zurück und hoch. Es beginnt der Schweiß zu fließen. Wegen des schönen, teils bewölkten Wetters sind viele Gruppen unterwegs, auch Eltern mit Kindern. Am Westhang des Furgler besteigen wir einen Vorgipfel und sehen nun ein Kleinod der Natur – den kristallklaren Tieftalsee (2783 m), der den Vorgipfel vom eigentlichen Gipfel trennt.

In einer nördlichen Schleife umrundet man diesen See und wandert über Schutt, Platten und Blockwerk recht einfach zum Gipfel. Nur an sehr wenigen Stellen ist der Einsatz von Händen erforderlich. Der Gipfel bietet erstaunlich vielen Bergfreunden Platz. Wir genießen bei weiterhin freundlichem Wetter Vesper und Rundumsicht. Nach knapp einer halben Stunde überqueren wir ein Schneefeld und suchen den Einstieg in den Ostgrat. Dieser zeigt sich deutlich anspruchsvoller als der Aufstieg – nach Schweizer Norm bis zu T4: Sehr steiler Weg, viele sehr ausgesetzte Stellen und an einer besonders kniffligen Passage erst eine Seilsicherung und dann Eisenkrampen, um sich an einer steilen Felsplatte hochhangeln zu können. (An dem Eisen schlage ich mir prompt mein linkes Knie auf.)

Den Rest zum Furglerjoch (2748 m) läuft man dann leichter. Nach kurzer Trinkpause und Fotosession wandern wir nun links vom Joch hinab, zuerst über Blockwerk, dann über Bergpfade, über eine Wiese und zuletzt über einen Fahrweg zur Medrigalmbahn. Wir belohnen uns mit Getränken und fahren mit der Gondel runter. Zu Fuß habe ich keine Lust mehr; Sehnen und Bänder weisen schmerzhafte Alters- und Auflösungserscheinungen auf. Dennoch – eine wunderschöne, lange Wanderung mit viel Genusscharakter und mit ein paar ausgesetzten Stellen (Gipfel des Hexenkopfes, Ostgrat des Furgler), die volle Konzentration und Erfahrung erfordern.

Herzlichen Dank an Hartmut Bielefeldt für Auswahl, Organisation und Führung der Tour, die allen viel Freude bereitet hat.

(Autor: Martin Zürn, Meersburg; Fotos: Günther Former, Hartmut Bielefeldt)