Skitourenwochenende rund um die Lindauer Hütte vom 28.02. – 01.03.2020
Frühlingsgefühle in Winterlandschaft
Besser kann ein Start kaum sein. Als wir uns Freitagmorgen um neun in Tschagguns treffen, hatte es gerade frisch geschneit und die Sonne war durch die Wolkendecke schon zu sehen. Unsere bunt gewürfelte Gruppe bestehend aus Udo, Gaby, Brigitte, Jan, Günter, Britta und Helmut mit den Guides Dominik und Johanna macht sich auf den Weg zur Lindauer Hütte. Durch das Gauertal geht es auf der rechten Talseite in gemächlicher Steigung auf dem Fahrweg beständig bergan bis zur unteren Sporaalpe. Von dort spuren wir durch die unberührte Winterlandschaft in Kehren etwas steiler hinauf bis es dann wieder gemütlicher bis zur Lindauer Hütte geht. Inzwischen hat die Sonne das Wetter voll im Griff, mit Frühlingsgefühlen und immer begleitet vom Blick auf Drusenfluh, Drei Türme und Sulzfluh kommen wir zum Mittag auf der Hütte an. Dort erwartet uns eine Überraschung, denn wir treffen dort Astrid – unsere Schneeschuhtourenführerin aus dem Verein. Sie hat ihren Job daheim an den Nagel gehängt und arbeitet die Wintersaison über hier auf der Hütte. Nach dem Aufstieg tut eine kleine Stärkung gut. Doch wir haben für heute noch nicht genug. Am Nachmittag kommen unsere Ski nochmal zum Einsatz und wir steigen hinauf zum Drusentor. Vorbei an der Oberen Sporaalpe geht’s zunächst gemütlich über einen kleinen Kamm und dann in einigen Spitzkehren steil hinauf bis unter die Wand der Drei Türme. Von dort schwenken wir ostwärts und queren den recht steilen Hang Richtung Drusentor. Der Wind hat zugelegt und weht uns teilweise recht böig und eiskalt um die Nase. Bis hinauf zum Tor steigen wir nicht, denn der Hang direkt davor ist für die heutige Lawinensituation zu steil. Mit Blick auf das Zollhäuschen fellen wir im eisigen Wind ab und machen uns bereit für die Abfahrt. Die steileren Hänge oben fahren wir einzeln, der Prinzessinnenschnee lässt und vor Vergnügen juchzen. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht kehren wir zur Lindauer Hütte zurück.
Wir haben Glück und werden im recht neu errichteten Winterraum einquartiert und haben den für uns allein. Mit 12 Betten, eigenem Bad (mit warmer Dusche!), eigenem WC und Aufenthaltsraum mit gut ausgestatteter Küche sind wir sehr komfortabel untergebracht. Am Abend klopft jemand vom Hüttenpersonal, um uns zur Kasse zu bitten: „Das Fräulein wär dann jetzt soweit, Ihr könnt zum Zahlen kommen.“ Na dann besuchen wir doch mal das Fräulein…
Beim Abendessen kommen wir in Verruf. Die gesamte Gruppe bestellt das vegetarische Menü und dazu Hollerschorle und andere alkoholfreie Getränke. Hääääh? Astrid runzelt die Stirn. „Seid Ihr ne Yogagruppe oder was?“ Etwas später setzen dann doch einige etwas dagegen und bestellen ein Glas Wein oder Bier – also doch ganz normale Durchschnitts-Skittourengeher.
Vom Winde verweht
Für den heutigen Samstag ist Bewölkung und Föhnsturm angesagt. Der Lawinenlagebericht sagt weiterhin Stufe 3 und daran angepasst ist unser Ziel erstmal der Öfapass, um dort zu entscheiden, wie es weitergehen soll. Im weiten Sporatobel bläst der Wind noch recht harmlos und wir erreichen den Pass auf 2.291 hm nach einem gemütlichen Anstieg. In einer windgeschützten Schneemulde an einem großen Felsen machen wir eine kurze Pause und befestigen die Ski an unseren Rucksäcken. Wir beschließen den Aufstieg auf den Öfakopf auf 2.374 hm zu wagen, um von dort oben in nördlicher Richtung abzufahren. Der Hang ist steil und im oberen Teil abgeblasen. Vorsichtig stapfen wir Schritt für Schritt hinauf, schlagen Tritte in den Schnee. Der Wind bläst inzwischen kräftig, der Hang wird immer steiler und der Aufstieg allmählich zum Abenteuer. Eine heftige Windböe lässt uns alle niederkauern und an den Hang schmiegen, um nicht weggeblasen zu werden. Das ist der Zeitpunkt als Dominik endgültig die Umkehr beschließt. Langsam und vorsichtig steigen wir Schritt für Schritt wieder hinunter zum Pass. Wir versuchen es also auf der anderen Seite und fahren Richtung Schweizer Tor und dann nach rechts in das Tal hinab. Unten schauen wir uns den gegenüberliegenden Hang an, den wir hinaufsteigen wollen. Der sieht steil und vor allem abgeblasen aus. Und die Windböen nehmen zu. Nach kurzem Beratschlagen entscheiden wir nicht weiterzufahren, da wir nicht wissen, ob und wie wir da hochkommen und kehren wieder um. Im inzwischen stürmischen Wind ziehen wir schnell die Felle wieder auf und stapfen zurück auf den Öfapass. Die Sturmböen kommen in kürzeren Abständen und werden heftiger, nehmen uns die Sicht und lassen uns bisweilen taumeln – Gesichtspeeling inklusive. Der Aufstieg wird mühsam, oft müssen wir uns gegen den Sturm stemmen, das Gelände ist schwer auszumachen. Dann stehen wir zum zweiten Mal am heutigen Tag auf dem Öfapass. Zur Vorbereitung der Abfahrt schlüpfen wir wieder in die Felsmulde. Auf der anderen Passseite ist der Wind wesentlich harmloser, kaum zu glauben, dass wir gerade noch fast davongeweht wurden. Kaffee und Kuchen auf der Hütte schmecken nach dem Ausflug besonders gut und wir nutzen den Nachmittag zum Relaxen. Mehr war heute einfach nicht rauszuholen.
Die Wetterfee hat’s gut gemeint – Wasserskifahren inklusive
Sonntagmorgen, bedeckt, bis zum Mittag Schneefall angesagt. Doch es kommt anders… Nachdem wir das gesamte Gepäck wieder im Rucksack verstaut haben, machen wir uns diesmal auf der anderen Talseite des Gauertals an die Abfahrt. Da der Schnee ordentlich klebt, können wir die Rodelpiste kaum verlassen, das flache Gelände würde unsere Fahrt schnell stoppen. Unser heutiges Ziel ist die Tschaggunser Mittagspitze (2.168 m), der Ausgangspunkt liegt auf dem Weg hinunter zu unserem Startpunkt von Freitag. Kurz bevor der Aufstieg an einem Kreuz am Weg hinaufführt verbuddeln wir überflüssiges Gepäck in einem Müllsack im Schnee unter einem Busch. So läuft es sich leichter und wir kommen hier am Ende sowieso noch einmal vorbei, da können wir das Gepäck wieder aufnehmen.
Inzwischen ist von Schneefall keine Spur mehr, auch die Wolken haben sich schon so ziemlich verzogen. Sieht so aus, als hätte die Wettervorhersage Unrecht und uns steht zum Finale ein schöner Tourentag bevor. Wir steigen zunächst durch ein kleines Wäldchen auf, teilweise geht es steil und in Spitzkehren und bisweilen über Baumstämme steigend bergauf. Zwischendurch können wir immer wieder schöne Aussichten genießen, am Himmel überwiegt inzwischen das Blau. Als wir die große Freifläche erreichen, hat die Sonne endgültig die Regie übernommen und wir haben beste Aussicht auf unser heutiges Tourziel. Majestätisch thront die Mittagspitze über den weiten Hängen. Wir steigen bis zur Alpilaalpe auf 1.688 m, die wir im wahrsten Sinne des Wortes links liegen lassen und queren die Hänge von Rücken zu Rücken bis hinauf zum Alpjoch. Der Weg zieht sich unkritisch in weiten Spitzkehren gemütlich hinauf. Am Joch windet es etwas, doch das ist nichts gegen die Sturmattacken des gestrigen Tages. Wir machen es uns im etwas windgeschützten Hangbereich gemütlich und genießen bei traumhafter Aussicht auf Zimba & Co am Fuße des Gipfelanstiegs unser Vesper. Den steilen, felsigen Gipfelanstieg sparen wir uns und verweilen lieber ein wenig hier.
Der obere Teil der Abfahrt ist ein Genuss, jauchzend ziehen wir unsere Spuren und genießen jede Kurve. Das knifflige Stück durch die Waldschneise rutschen wir ab und danach heißt es nur noch Augen zu und durch, denn das Traumpaar aus Sonne und Temperatur hat ganze Arbeit geleistet und den Schnee zu allerschwerstem Sulz verwandelt. Wieder am Weg angekommen graben wir den Müllsack mit unseren deponierten Sachen aus, verstauen alles wieder im Rucksack und gleiten hinunter zum Parkplatz. Auch hier ist von der Schneepracht von Freitag nichts mehr übrig. Wo wir über frisch verschneite Wege aufgestiegen sind, müssen wir die Ski nun tragen und wo der Weg unten ins Skigebiet mündet, fahren wir durch Wasserlachen und prüfen die Tauglichkeit unserer Bretter als Wasserski.
Am Ende sind sich alle einig: Es waren drei schöne Tage auf und rund um die Lindauer Hütte!
Bericht von Britta Norwat / Fotos von Dominik Waibel