Wie plane ich eine mehrtägige Wandertour in den Bergen? Und was für einen Schwierigkeitsgrad kann ich mir und der Gruppe dabei zutrauen? Während eines dreitägigen Aufenthalts im hinteren Kleinwalsertal hat unsere sechsköpfige Gruppe die Antworten auf diese Fragen nicht nur zusammen mit unserer Tourenführerin Astrid erarbeitet, sondern auch praxisnah erprobt.
Das fing damit an, dass wir alle unsere Rücksäcke am Parkplatz komplett ausgeleert und den Inhalt auf ein paar Decken und Matten ausgebreitet haben. Brauchen wir wirklich alles, was wir eingesteckt haben? Oder fehlt uns gar noch etwas Wichtiges? Ein Blick auf die Wetterkarte verriet uns zumindest, dass wir angesichts der warmen Temperaturen die Handschuhe im Auto lassen konnten, aber das Regenzeug für den ersten Teil der Tour griffbereit haben sollten.
Nach diesem Gepäckcheck und einem gemeinsamen Blick auf die Wanderkarte, schnürten wir die Wanderschuhe, wuchteten unsere Rucksäcke auf den Rücken und nahmen das erste Etappenziel in Angriff: den rund fünf Kilometer langen Weg von der Talstation der Ifenbahn (1280m) zu unserer Unterkunft für die nächsten zwei Nächte, der Schwarzwasserhütte (1620m). Dieser erste Teil der Tour bot uns nach einer gemütlichen Mittagsrast kurz vor der Alpe Melköde die erste Lektion: wie schnell und heftig das Wetter in den Bergen wechseln kann. Die Regenjacken hatten wir nach der Pause alle angezogen als die Wolken dunkler wurden – die Regenhosen hielten wir allerdings für übertrieben. Tja, was soll man sagen? Als das wohldosierte Sommergewitter mit starkem Regen, Hagel, Blitz und Donner über uns hereinbrach, blieb keine Zeit mehr, um noch die Regenhosen anzuziehen und wir waren schnell von oben bis unten klatschnass. Unsere Wanderschuhe fühlten sich wie Neoprenschuhe an, bei denen das Wasser literweise von oben in die Schuhe geflossen war und dann langsam von unseren Füßen erwärmt wurde. Die Ankunft auf der Hütte, trockene Wechselsachen und ein heißer Tee waren nach dieser Dusche jedenfalls sehr angenehm! Und für die kommenden zwei Tage schickte uns der Wettergott tolles, sonnig-bewölktes Wanderwetter.
Den „Unterrichtsstoff“ brachte Astrid uns wohldosiert auf den wunderschönen Wegstrecken, bei kleinen Pausen und auf der Hütte bei. Wie plane ich anhand der Streckenlänge und der Höhenmeter die Länge der Tour? Welchen technischen Schwierigkeitsgrad (T1-T6) und welche Kondition (K1-K3) sollte man für die Tour haben? Wo sind die schwierigen Wegstellen, an denen ich besondere Vorsicht walten lassen muss
In der praktischen Umsetzung gehörte der Umgang mit den Wanderstöcken zum Lehrprogramm ebenso wie das Ausrutschen auf einem (Rest-)Schneefeld und das zum Halten kommen im Vierfüßlerstand. Die Wanderungen selber waren schließlich der Praxistest: Bei welchen Schwierigkeitsgraden fühle ich mich noch in meiner persönlichen Komfortzone und wo fängt die Lernzone an? Oder komme ich gar in die Panikzone, weil Gehtechnik und persönliche Kondition nicht mehr zur ausgewählten Tour passen?
Das alles erprobten wir bei folgenden beiden Tagestouren:
Tour 1: Wanderung von der Schwarzwasserhütte über die Ochsenhofer Scharte (1850m) zum höchsten Punkt des Tages, dem Grünhorn mit 2039 Meter Höhe. Weiter ging’s zum Steinmandl (1982m) und Kreuzmandl (1974m) und dann abwärts über den Gerachsattel zurück zur Schwarzwasserhütte. Bei sonnig-bewölktem Wetter hatten wir einen grandiosen Blick über das Alpenpanorama und markante Berge wie den Hoher Ifen oder den Widderstein.
Tour 2: Wanderung von der Schwarzwasserhütte über den Gerachsattel weglos zum Hählekopf mit 2058 Metern Höhe. Bergab dann über die Alpe Ifersgunt zur Schwarzwasserhütte und von dort zurück zur Talstation der Ifenbahn. Davor nutzten wir den Herzsee kurz vor der Talstation der Ifenbahn zu einem erfrischenden Bad und machten dann eine letzte Einkehr in der Talstation der Ifenbahn.
Abgerundet und garniert hat Astrid die tollen Wanderungen mit vielen unterhaltsamen Informationen zu Alpenrosen, Murmeltieren und der Almwirtschaft. Kurz: Schön war’s!
Ach, und dabei waren Mona, Caroline, Ralf, Andreas, Manuel und ich.
Autor: Mirko Gutemann 29.6.22